Vergangene Woche bin ich zweimal fast über den Haufen gefahren worden. Einmal stand ich auf dem Bordstein, um aus den Koffern meines neben der Straße geparkten Mobbeds was rauszuholen, als mir irgendein*e Idiot*in beim Versuch, sich noch schnell trotz Gegenverkehr vorbeizupetzen, buchstäblich die Hacken abfuhr. Will heißen, die Reifen des Autos sind an meinen Schuhen vorbeigeschubbert und ich hab mit dem Ellbogen den Spiegel umgeklappt. Sonst ist glücklicherweise nichts passiert, aber mein Herz raste noch Minuten später.
Drei Tage später fuhr ich im Mainzer Bleichenviertel mit dem Rad gegen die Einbahnstraße – was dort erlaubt ist. Es begann zu dunkeln, aber ich hatte natürlich das Licht an, außerdem ermöglichte mir die Dämmerung, den von rechts aus der Gärtnergasse querenden Wagen anhand seines Lichtkegels frühzeitig zu erkennen und zu warten. Dummerweise wollte der aber nach links – in meine Richtung – und hat nur nach rechts geguckt. Wenige Millimeter vor meinem Vorderrad kam der überraschte Autofahrer zum Stehen. Auch grad nochmal gut gegangen, aber wieder bumberte mein armes Herz.
Während ich noch nachdachte, wie man solche Gefahrenstellen entschärfen könnte, las man wenig später in der Zeitung, dass in Berlin ein Beton-LKW eine Radfahrerin beim Rechtsabbiegen überfahren habe. Wäre wahrscheinlich nicht in den überregionalen Medien gelandet, wenn nicht zeitgleich Klimaaktivisten sich auf der Autobahn festgeklebt hätten und angeblich ein Rettungsfahrzeug durch den so ausgelösten Stau zu spät zu ebendiesem Unfall gekommen sei. Spoiler Alert: Nein, stimmt nicht. Wäre der Stau übrigens durch „normale“ Ursachen ausgelöst worden wie sachmerma einen Auffahrunfall, hätte übrigens wohl auch kein Hahn danach gekräht, so aber kam schnell von den einschlägigen Seiten die Forderung, die „Klimaterroristen“ zur Verantwortung zu ziehen.
Die Frau ist dann leider verstorben. Statt sie zu betrauern, wird ihr Tod zum Anlass gekommen, berechtigte Forderungen nach mehr Klimaschutz ins Lächerliche zu ziehen oder gar zu kriminalisieren, dabei sind die wahren Verbrecher die Schlipsträger, die diesen Planeten und seine Bewohner schamlos ausbeuten oder dabei Schützenhilfe mit entsprechender Politik leisten. Ein „Weiter so“ bedeutet, dass weite Teile der Erde schon in wenigen Jahrzehnten, voraussichtlich noch während meiner Lebenszeit und erst recht der meines Sohnes, unbewohnbar werden.
Deshalb: Wir brauchen eine Klimawende jetzt. Nicht in fünfzig Jahren oder übermorgen, sondern heute. Die Verkehrswende spielt dabei eine gewichtige Rolle, und ein wichtiger Baustein dieser wiederum ist es, unsere Städte und Dörfer(!) menschenfreundlicher zu gestalten: Weniger Autos, mehr und vor allem sicherere Infrastruktur für alle, die mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs sind, mehr und vor allem bezahlbaren ÖPNV. Und die freiwerdenden Parkplätze kann man dann begrünen oder als Straßencafés nutzen.
PS: MIr ist bewusst, dass mein erstes Erlebnis nix mit Verkehrs- oder Klimawende zu tun hat. Höchstens mit ignoranten Idioten. Ich wollte es mir trotzdem mal von der Seele schreiben.